Meine Erfahrung mit Betrug im Onlinehandel und was Du daraus lernen kannst
Langer Einkaufssamstag in der Nachbargemeinde vor zwei Wochen. Herrliches Wetter, es macht richtig Spaß, mal wieder etwas zu bummeln. Mein Ziel war die Grillabteilung des örtlichen Haushaltswarenhändlers. Kaum angekommen, strahlen mir die schwarzen und edelstahlglänzenden Boliden des Marktführers schon entgegen. Drei Flammen, vier Flammen, fünf Flammen, mit Boosterknopf und Smokerzone, das Herz des am Feuer stehenden Mannes geht hier auf.
Meine angefachten Glückshormone im Umfeld dieser Urkraft wurden dann jäh durch die dezent angebrachten Preisschilder gebremst. What?! 1.800 EUR für einen Grill? Bislang bin ich mit meinem Campingkocher doch ganz gut ausgekommen, oder etwa nicht? Aber hier wird doch das Steak bei voller Hitze super kross und dann bei indirekter Hitze schonend fertig gegart. Und das mit meiner Handy-App auf Zehntelgrad genau kontrolliert. Ja, das kann mein jämmerlicher Kleingrill wahrlich nicht. Wow! Das will ich!
Gerade noch konnte ich die Sehnsucht nach einem neuen Mitglied der Familie bremsen und bin vollgepackt mit Fotos und Prospekten nach Hause. Dann der erste Griff zum Tablet. Sind die echt so teuer? Oder gibt’s das nicht wo anders günstiger?
Die wahre Freude des Schnäppchenjägers
Und siehe da – neben den üblichen Camping- und Outdoorshops der Branche sehe ich bei einem Onlineshop ein Angebot für die 2019er Version meines Wunschgrills. Original verpackt und mit 999 EUR deutlich günstiger. Sogar Wetterschutzhülle und Thermometer sind auch noch dabei. Aber kann das sein? Also, Recherchemodus angeworfen und wie der Teufel gegoogelt. Was ist das für ein Laden? Aha, ein großer dänischer Campinghändler mit Gebäude in Kopenhagen, ewig alt und mit besten Referenzen. Und einer auf deutsch gehaltenen Seite mit riesigem Angebot für die deutschen Kunden. Genial. Google-Bewertungen der Kunden auch super, also alles passt soweit. Nun gut, um sicherzugehen, noch eine E-Mail an den Kundenservice, warum der Preis so niedrig ist. Die Antwort kam prompt und professionell, es sei eben das 2019er Modell und das müsse weg. Vor meinem geistigen Auge loderte schon das rohe Feuer des Wunschgrills auf und – klick – bestellt.
Dann der übliche Kaufprozess. Es kam eine Rechnung mit beigefügter Referenz des TÜV Rheinlands und der Bitte um Vorabzahlung aufs Firmenkonto. Paypal sei bei internationalen Transaktionen zu teuer. OK, das verstehe ich und flugs, gehen 999 EUR auf die Reise nach Dänemark. Noch schnell eine Mail hinterher mit Info, dass ich die Zusendung erst eine Woche später nach unserer Urlaubsrückkehr wünsche.
Kaum zurückgekehrt, nächste Mail an den Kundenservice und Info, dass das gute Stück nun auf die Reise nach Deutschland gehen dürfe. Doch was ist das? Die E-Mail kam zurück. Na gut, sicher ein technischer Fehler. Also schnell auf die Website mit der .de-Domain des Anbieters, um sicherzugehen. Aber die existierte leider auch nicht mehr.
Das kann doch nicht wahr sein!
Also wieder auf die Website, diesmal auf die dänische Version. Nun wieder eine Mail, diesmal auf englisch, an den Support, dass nun versandt werden könne. Und dann kam die Antwort des dänischen Geschäftsführers, die mir fast den Boden unter den Füssen gezogen hätte:
Das ist alles falsh.
Bitte kein geld Überweisung.
Med venlig hilsen/Mit freundlichen Grüßen
Das kann doch nicht wahr sein. Was ist denn hier los? Bin etwa ICH das Opfer eines feigen Betruges? Ich hab doch alles überprüft und in alle Richtungen recherchiert. Mist, Mist … das schöne Geld soll futsch sein?
Der Polizist in mir
Dennoch, mein hochprofessioneller kriminalistischer Instinkt war getriggert und meine Ermittlungen laufen an. Anruf bei der Hausbank und sofortiger Versuch, das Geld zurückzuholen. Man könne leider nichts versprechen, Gebühren von 50 EUR würden auf jeden Fall berechnet. Also gut, gib Gas, Bank. Vielleicht ist was zu holen.
Dann Telefonate mit Rechtschutzversicherung und Polizei. Bei letzterer dann Aufgabe einer Strafanzeige wegen Betrugs. Die Aussage am Telefonat, ich würde dann von einem Sachbearbeiter nach Zuteilung einer Schadensnummer etwas hören, verhallen ungläubig in meiner Ohrmuschel. Na ja, vielleicht kommt dieses Jahr noch eine Reaktion.
Was tun als nächstes? Wem gehört eigentlich die Website? Früher konnte ich das doch immer schön abfragen. Aber Datenschutz lässt grüßen – das geht jetzt leider nicht mehr. Alles gesperrt dank DSGVO. Anruf bei Denic, dem deutschen Registrierungsportal für .de-Domains. Nachdem ich dann schriftlich einen Antrag mit Nachweis meines „berechtigten Interesses“ eingereicht hatte, kam 15 Minuten später Name und Adresse des Domaininhabers.
Ha, jetzt hab ich dich, du Schuft! – das dachte ich. Aber ich kann doch da nicht einfach vorbeifahren. Also wieder Anruf bei der Polizei und Schilderung meines kriminalistischen Erfolgs. Wieder die gleiche Antwort „Kollege kommt gleich und meldet sich“. Wie ernüchternd!
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Langsam dämmert mir nun die Erkenntnis, dass ich Opfer eines hochprofessionellen Fake-Online-Shops geworden bin. Und dabei hatte ich so aufgepasst! So richtig Vorwürfe kann ich mir gar nicht machen. Jetzt bleibt mir doch nur die Hoffnung, dass sich bei Bank und/oder Polizei doch ein Erfolg zeigt und dem Gauner das Handwerk gelegt wird.
Und die Moral von der Geschicht?
Leute, seid vorsichtig bei Onlineshops. Und das gerade, wenn die Preise verlockend niedrig aussehen. Die Gauner werden immer besser und haben offensichtlich ganze Onlineteams mit top Programmierern am Start. Und dann noch Überweisung per Vorkasse ins Ausland – wie blöd kann man eigentlich sein? Aber hier war offensichtlich der Wunsch nach einem Abend mit eigener Feuersbrunst stärker. Mein eigener Urinstinkt und der Wunsch nach dem perfekten Steak triumphierten über die Warnsignale im Hirn. Und dann macht man Fehler – und das nützen die Betrüger schamlos aus.
Damit Euch das nicht passiert, hier zwei Websites, die das Ganze noch einmal aus anderer Sicht beleuchten:
Polizeiliche Kriminalprävention
https://www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/gefahren-im-internet/e-commerce/fake-shops/
Verbraucherzentrale
Mein Campinghändler hier vor Ort sieht mich dann bald zu Kreuze kriechen. Wenn ich ihm denn die Geschichte erzählen würde. Glaube aber, ich trau mich nicht.